Es ist einfach und bequem mit der Kreditkarte einzukaufen, nur dass einige dadurch beim Shoppen schnell die Kontrolle verlieren. Die Konsumfreude in Deutschland ist so groß wie noch nie zuvor, wie auch der Konsumklimaindex des Marktforschungsinstituts GFK zeigt. Statt strenge Haushaltspläne aufzustellen und Einkaufslisten zu führen bzw. jede Anschaffung durchzurechnen, ist zu beobachten, dass die Neigung mehr Geld auszugeben so groß ist, wie selten zuvor.
Niedrige Zinsen feuern Kauflust an
Die Deutschen sind in guter Stimmung, sie schätzen die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes, die Konjunktur und die eigene finanzielle Lage als sehr gut ein. Die Niedrigzinsphase die das Sparen kaum attraktiv machen, trägt das übrige zur großen Kauflust bei. Genau wir von der EZB auch gewollt.
Hinzukommt noch ein anderer Effekt zum gestiegenen Konsum hinzu: obwohl wir Deutschen das Bargeld lieben wie kaum eine andere Nation, bezahlen wir allmählich immer weniger mit Münzen und Scheinen, stattdessen immer öfter mit der Karte. Sei es mit der EC-Karte die heute Girocard heißt, oder mit der Kreditkarte.
Fließt Plastikgeld häufiger und schneller?
Man könnte meinen, dass die Art wie wir in Einkaufszentrum oder in Supermärkten bezahlen, ziemlich belanglos sei. Immerhin treffen wir bewusst eine Entscheidung zum Kaufen und bewahren stets die Kontrolle über unsere Ausgaben. So zumindest die Theorie. Die Praxis sieht jedoch anders aus.
Die Meinung vieler Ökonomen ist: wenn wir mit Kreditkarte bezahlen, geben wir meist mehr Geld aus als wir uns vorgenommen haben.
Außerdem verändert sich sogar unser Einkaufsverhalten. Wer mit Plastik zahlt, greift in Lebensmittelläden öfters zu Produkten, die er seiner Gesundheit zuliebe besser im Regal liegen lassen sollte. Speiseeis, Schokoriegel und Chips landen so spontan im Einkaufswagen.
Dass viele Karteninhaber derzeit so viel ausgeben wie lange nicht mehr, zeigt sich auch an den Supermarktkassen. In den vergangenen Jahren ist der durchschnittliche Einkaufsbetrag kontinuierlich gestiegen. Vor fünf Jahren wurde etwa im Schnitt 12,26 Euro je Einkauf im Supermarkt ausgegeben. Im vergangenen Jahr waren es schon 18,37 Euro. Mit der Inflation lässt sich die Zunahme von etwa 50 Prozent innerhalb den fünf Jahren nicht erklären.
Die Teuerungsrate liegt seit einiger Zeit lediglich zwischen rund 0 und 2 Prozent, Lebensmittel zuletzt bei 2,4 Prozent. Das heißt ganz klar, die Produkte des täglichen Bedarfs sind nur gering teurer geworden. Vielmehr ist zu beobachten, dass Kunden mehr einkaufen als sie wirklich benötigen. Da gleichzeitig in den vergangenen Jahren die Zahlung mit Karten zugenommen hat, liegt der Schluss nahe, dass viele Kunden auch deshalb mehr Geld ausgeben, weil sie immer mehr auf Bargeld verzichten. Ein eindeutiger Beweis ist das natürlich noch nicht.
Bargeld mahnt zur Sparsamkeit
Wer einen überschaubaren Bargeldbetrag in der Tasche hat, der sieht sofort auf einen Blick wie sich das Portemonnaie leert und wie viele Münzen und Scheine noch vorhanden sind. Man spricht von einer „Erinnerungsfunktion des Bargelds“. Wer also seine Ausgaben unter Kontrolle haben möchte, bezahlt lieber bar. Dagegen können böse Überraschungen drohen, je öfter man mit Kreditkarte zahlt. Entweder von Zeit zu Zeit mit einem Blick auf die Kontoabbuchungen oder spätestens am Ende des Monats, wenn die Kreditkartenabrechnung eintrifft. Wirtschaftswissenschaftler warnen schon längst davor und raten, dass man lieber die Kreditkarte zu Hause lassen und Bargeld einstecken sollte, wenn man nicht mehr einkaufen will, als geplant ist.
Die Geschäfte haben im vergangenen Jahr rund 46 Prozent ihres Umsatzes über Kartenzahlungen erzielt, so das Handelsinstitut. Die Tendenz geht klar weiter in diese Richtung, was auch daran liegt, dass das Bezahlen an der Kasse immer schneller und einfacher vonstattengeht. Stichwort: Kontaktloses Bezahlen. Auch bei den Discountern können Kunden heute einfach und bequem mit Kreditkarte, Smartphone oder Girocard kontaktlos bezahlen, also ohne eine Geheimzahl einzugeben oder eine Lastschrift zu unterschreiben. Die Karte einfach vor das Lesegerät halten und fertig.
Die Einzelhändler müssen zwar eine Menge Geld hinblättern, um die technischen Geräte anzuschaffen, die fürs schneller Bezahlen nötig sind. Doch langfristig gesehen zahlt es sich für die Händler aus. Immer mehr Tankstellen, Supermärkte und andere Händler bieten den Kunden außerdem noch an, kostenlos Geld abzuheben. Meistens ab einem gewissen Einkaufsbetrag in der Regel ab 20 Euro. Das wiederum wird jedoch von der entsprechenden Bank bzw. dem Kreditkarteninstitut bezahlt. Einerseits können die Kreditkartenanbieter so eine Bargeldversorgung garantieren – und das häufig zu geringeren Kosten als am Geldautomaten. Andererseits profitieren Supermärkte davon, dass sie mehr Service und damit neue potentielle Kunden gewinnen
Plastikgeld erhöht die Zahlungsbereitschaft
Am Massachusetts Institute of Technology, haben amerikanische Wissenschaftler die Zahlungsbereitschaft von Betriebswirtschaftsstudenten getestet. Sie haben ihnen Eintrittskarten für ein Spitzenspiel der Basketball Profiliga angeboten. Zwei Gruppen von Studenten sollten in einer stillen Auktion ihre Höchstgebote abgeben.
Eine Gruppe sollte bar bezahlen die andere nur mit Kreditkarte. Das Ergebnis war eindeutig und erstaunlich. Die Studenten die bar zahlten, wollten durchschnittlich 28 Dollar für ein Ticket ausgeben. Denen die mit Karte bezahlen durften, zeigten eine deutlich höhere Zahlungsbereitschaft und hätten im Schnitt 60 Dollar je Ticket bezahlt, also mehr als das Doppelte.
Auch Taxi-Fahrtgäste haben schlagartig mehr ausgegeben, sobald sie mit Kreditkarte bezahlen konnten. Damals, als in den New Yorker Taxis nur Bargeld möglich war, geben sie den Fahrern im Durchschnitt etwa 10 Prozent Trinkgeld. Nach Einführung der Kartenzahlung stieg das durchschnittliche Trinkgeld sprunghaft auf 22 Prozent an. Allerdings haben sich die Taxifahrer eines kleinen Tricks bedient, damit ihre Kunden freigebiger wurden. Ein Fahrgast der mit Kreditkarte bezahlt, könnte auf dem Lesegerät entweder eigenständig einen Betrag eingeben oder einen vorgeschlagenen Trinkgeld-Betrag von 20, 25 oder 30 Prozent per Knopfdruck bestätigen. Die meisten Fahrgäste entschieden sich für die schnelle und einfachere Variante.
Kein Bargeld – mehr Trinkgeld
Dieser Trend wird auch aus der Gastronomie bestätigt. In Restaurants fällt das Trinkgeld umso höher aus, je mehr Gäste mit Kreditkarte bezahlen. Warum ist das so? Die Gehirnforschung hat herausgefunden, dass das Schmerzzentrum im Gehirn aktiviert wird, wenn ein Preis ersichtlich und zu bezahlen ist. Allerdings tut es nicht ganz so weh, wenn die Zahlungen abstrakt erfolgt, also mit Karte, Smartphone oder über Online Bezahldienste wie PayPal.
Das „schmerzfreie Bezahlen“ kann sogar so weit gehen, dass Verbraucher ein Stück weit Kontrolle über ihre Ernährung verlieren. Eine amerikanische Studie legte nahe, das Single-Haushalte mehr Süßigkeiten und Kuchen in den Einkaufswagen legen wenn sie mit Karte zahlen (im Gegensatz zu Barzahlern).
Erklären lässt sich das vielleicht so, dass wir uns etwas Vergnügung gönnen, wenn wir nicht mit handfestem Bargeld dafür bezahlen. Das hat nicht nur finanzielle Folgen für den Einzelhaushalt, sondern auch für die Gesundheit des Volkes, mahnen die Forscher. Denn je mehr ungesunde Produkte gekauft werden, desto größer das Risiko von Übergewicht, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und das wiederum wirkt sich auf die Gesundheitskosten im Allgemeinen aus. Drückt man es einfach aus: Barzahler leben gesünder und sparsamer.
Die Frage bleibt, ob und wie ein bequemes Bezahlen und Selbstbestimmung zu vereinbaren ist. Zum Beispiel könnte man beim Bezahlen mit dem Smartphone nach jedem Einkauf nicht nur den Bon anzeigen lassen, sondern auch gleich den neuen Kontostand. Wer jedes Mal darauf hingewiesen wird, wie sein Geldbetrag schwindet, gibt am Ende vielleicht auch besser darauf acht.
Alternative: Prepaid Kreditkarte
Neben den klassischen Kreditkarten, existieren auch Prepaid Kreditkarten. Hier überweist der Nutzer zuvor einen bestimmten Geldbetrag. Ist dieser aufgebraucht, kann die Karte bis zum erneuten Aufladen nicht mehr genutzt werden.
Vielleicht ist das eine Alternative für diejenigen, die in Gefahr stehen, sich mit einer „normalen“ Kreditkarte zu verschulden. Denn dieses Risiko ist damit ausgeschalten. Vorausgesetzt natürlich, dass das Geld nicht aus anderen Kreditlinien stammt…